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Windkraft Mythen

Gerhild Grabitzer

Windkraft ist mittlerweile eine etablierte, bekannte Art grünen Strom zu erzeugen.
Kein CO2 Ausstoß, kein Müll mit Halbwertszeit, keine Umweltverschmutzung durch den Abbau fossiler Brennstoffe. Trotzdem hat diese vermeintlich perfekte Art der Energiegewinnung viele GegnerInnen. In diesem Artikel befassen wir uns mit den Hauptargumenten oder besser gesagt, mit Mythen über die Windkraft und finden heraus was es mit ihnen auf sich hat.
Vorweg ist zu sagen, dass standortspezifische Gegenargumente von den Anlagenbetreibern immer begutachtet werden und Anlagen wirtschaftlich effizient sein müssen. Deswegen werden Faktoren wie Windstärke oder Rauhigkeit, also die Verwirbelungen im Wind aufgrund der Umgebung hier nicht weiter berücksichtigt.

Mythos 1: Windkraftanlagen führen zu Vogel-Massensterben

Dieser Mythos kann nicht so einfach aus der Welt erklärt werden. Der Tatsache, dass Windkraftanlagen für den Tod von Vögeln verantwortlich sind, muss allerdings ein großes “Aber” hinzugefügt werden. Alle menschgemachten Objekte, besonders solche die in den Himmel ragen, bergen ein Risiko für Vögel. Die Aussage, dass Windkraftanlagen Todesfallen für Vögel sind, stimmt bis zu einem gewissen Grad also. Allerdings ist es wichtig dies in Relation zu setzen. Für die USA gibt es relativ genaue Schätzungen, denen zufolge 2000x so viele Vögel pro Jahr durch Fensterscheiben getötet werden wie durch Windkraftanlagen. Aber auch wenn man nicht Äpfel mit Birnen, sondern Energiegewinnungsmethoden vergleicht, zeigt sich: pro GWh töten Kraftwerke die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden ca. 15x mehr Vögel pro Jahr als Windkraftanlagen. Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2013 hat sich noch ein viel größeres Bild darüber gemacht wie kausal auf den Menschen zurückführbare Vogeltode zustande kommen. Die Anführer der traurigen Liste sind Katzen mit 134 Mio. (70%) toten Vögeln pro Jahr, gefolgt von Stromleitungen und Gebäude. Windkraftanlagen verursachen hingegen nur 0,007% (nein das ist keine Null zu viel).

Das bedeutet keinesfalls, dass wir die “death toll” der Windkraftanlagen einfach hinnehmen müssen. Schon lange wird bei der Planung auf etwaige Migrationsrouten von Vögeln Rücksicht genommen. Auch auf andere Tierarten kann Rücksicht genommen werden, der Umwelt-Dachverband empfiehlt Windkraftanlagen nicht in Naturschutzgebieten oder besonders naturbelassenen Arealen zu bauen. Ansonsten profitieren Wildtiere natürlich davon, dass moderne Windkraftanlagen so hoch sind denn die eigentliche “Action” mehr als 60m über den Bäumen stattfindet.

Bisher wurden auch noch wenige Vogelschutzmaßnahmen implementiert, außer der erwähnten Standortwahl. Allerdings gibt es von Seiten der Wissenschaft diverse neue Ansätze wie Kollisionen weiter reduziert werden können. Eine norwegische Studie fand heraus, dass es schon genügt eines der drei Rotorblätter schwarz einzufärben um Zusammenstöße um 72% zu reduzieren. Wie gefährlich Windkraftanlagen also wirklich sind, lässt sich erst abschätzen wenn wir all das vorhandene Wissen um das Risiko für Vögel zu minimieren auch angewandt haben. Vor Einführung von Wildbrücken, Zäunen und Lärmschutzwänden waren auch Autobahnen wahre Todeszonen für Wildtiere. Es wurden jedoch echte Anstrengungen unternommen dies zu ändern- das kann und sollte auch die Windkraftanlagen Industrie tun.

Mythos 2: Windkraft ist unzuverlässig

Wind geht ja nicht immer, eine Erfahrung und Faktum das jeder weiß. Für viele ergibt sich daraus allerdings auch der Trugschluss, dass Windkraftanlagen nur unzuverlässig Energie liefern würden. Jedoch gehen dem Bau von Windkraftanlagen meist mehrjährige Standort Messungen voraus, das heißt eine Windkraftanlage entsteht nur an windreichen Standorten und vor allem sind “böse Überraschungen” nach Inbetriebnahme unwahrscheinlich. Netzbetreiber können sehr gut abschätzen wie viel Energie welche Turbine wann liefert. Die beste Möglichkeit um 100% der Zeit genug Strom aus Windenergie zu haben ist es an vielen verschiedenen Standorten Windkraftanlagen zu errichten. Oft dürfte schlicht ein Missverständnis Grund für Zweifel sein: Die Physik verhindert eine Ausnutzung von mehr als 59,3% (sog. Betzsches Gesetz), nutzt eine Windkraftanlage also “nur”  50% der Windenergie, so bedeutet das eigentlich dass die Anlage fast das ganze Jahr über Strom produziert.

Ein prominentes Beispiel für die ungerechtfertigte Verurteilung von erneuerbaren Energien ist Kalifornien. Kalifornien ist einer der wenigen US-Bundesstaaten, der auf grüne Energielösungen wie Wind und Solarkraft im Kampf gegen den Klimawandel setzt und wiederholt von massiven Stromausfällen betroffen war.
Selbst die Leiter des kalifornischen Stromnetzes dementierten, dass diese auf den Einsatz von erneuerbaren Energien zurückzuführen sind. “Saubere Energie und zuverlässige Energie sind keine sich widersprechenden Ziele” heißt es in einem offenen Brief an den Gouverneur Newsom. Nur 30% des Stromes in Kalifornien stammt aus erneuerbaren Energiequellen. Zum Vergleich: Österreichs Energiemix besteht zu 75% aus sauberem Strom, 9% kommen aus Windkraft. Tatsächlich Schuld an den Stromausfällen dürfte der Klimawandel selbst sein. Die extremen Hitzewellen, die den Staat heimsuchen führen nicht nur zu höherem Stromverbrauch durch Klimaanlagen im Sommer, sondern auch zu Waldbränden, die das ohnehin schlecht gewartete Stromnetz weiter beschädigen. Somit sind die Stromausfälle tatsächlich nicht auf erneuerbare Energien, sondern auf Klimawandel aufgrund der globalen Erwärmung zurückzuführen.

Mythos 3: Windkraftanlagen schaden der Gesundheit

Schattenflackern, Vibration, Lärm oder einfach die Tatsache, dass man sie sieht. Was führt zu den oftmals ins Feld geführten Gesundheitsproblemen die angeblich rund um Windkraftanlagen auftauchen? Die Forschung sagt ganz klar: Windkraftanlagen sind kein Gesundheitsrisiko. Diverse Studien zu dem Thema fanden keinen direkten Zusammenhang zwischen erhöhtem Stress, schlaflosen Nächten oder gar Krebs und der Existenz von Windkraftanlagen in der Umgebung. Trotzdem gibt es sogar Ärzte die behaupten, dass zum Beispiel Infraschall, also für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbare Geräusche die von den Windturbinen hervorgerufen werden, Menschen krank machen. Andere Infraschallquellen sind beispielsweise die Meeresbrandung, trotzdem sind Küstenregionen nicht menschenleer sondern sogar beliebte Orte zur Freizeitgestaltung. Wissenschaftlich gesehen haben wir es also hier ganz klar mit einem Mythos zu tun- der sich hartnäckig hält. Eine mögliche Erklärung dafür ist der “Nocebo” Effekt- also das Gegenteil des Placeboeffekts. Negative Erwartungshaltungen von Menschen beeinflussen wie die eigene Gesundheit wahrgenommen wird. Der neuseeländische Wissenschaftler Keith Petrie bringt es auf den Punkt “Wenn die Erwartungshaltung, dass die Symptome eintreten, der Kern des Problems ist, werden momentan angedachte Maßnahmen, wie etwa ein größerer Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnhäusern, kaum etwas nutzen”. Was stattdessen etwas bringt sei weniger Panikmache- und dazu möchte ich auch mit diesem Artikel beitragen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Widerstand gegen Windkraftanlagen meistens eine klassische Manifestation des “Nimby” (Not In My Backyard) oder zu Deutsch St. Florian Prinzips ist. Gemäß des Stoßgebets “Heiliger St. Florian, verschon mein Haus zünd’ andere an” wollen zwar viele Österreicher grüne Lösungen, saubere Luft, trinkbares Wasser, einen gesunden Planeten für die Kinder- aber eben nicht wenn das eventuell sinkende Immobilienpreise in der eigenen Nachbarschaft bedeuten könnte. Unterstützungen bekommen Nachbarschaftsinitiativen oft von Fossil-Lobbyisten, Investoren oder PolitikerInnen deren Stammwählerschaft in betroffenen Gebieten lebt. Windkraft bekommt leider reichlich Gegenwind, ein Schicksal, dass in der Vergangenheit viele zukunftsweisende Technologien teilten. Sich von Gegenwind nicht aufhalten zu lassen sondern ihn sogar zu nutzen, zeichnet Windkraft aber nun mal aus. Daher wird diese Technologie ein integraler Pfeiler der europäischen Lösung für eine klimaneutrale Zukunft sein. Wer sich tiefer zu dem Thema ganz besonders im Bezug auf Österreich informieren möchte findet auf der Seite der IG Windkraft alle relevanten Informationen.

Quellen